Bluescreen Studio – Technik und Anwendungsbeispiele

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Mit einer Bluescreen kann ein Schauspieler in eine beliebige Umgebung hinein versetzt werden. Das Blau des Bluescreen Studios wird dabei durch eine Filmaufnahme oder eine Computeranimation ausgetauscht.
Was beim Aufbau der Bluescreen und der Umsetzung von Szenen zu beachten ist, wird im Folgenden beantwortet.

Bluescreen-Aufnahmen im Kino

Bei Einstellungen, die real gefilmt zu gefährlich wären, kann die Szene in zwei Teilen gefilmt werden. Wenn z.B. Bruce Willis zwischen zwei befahrenen Eisenbahngleisen laufen soll, wird zunächst eine Kamera zwischen zwei Eisenbahngleisen montiert, um die fahrenden Züge zu filmen. Anschließend wird Bruce Willis in der Bluescreen gefilmt, mit einem Ventilator angeblasen und mit einer zum Hintergrund passenden Lichtstimmung ausgeleuchtet. Nachdem der Bluescreen-Hintergrund ausgetauscht wurde, sieht es so aus als würde Bruce Willis zwischen zwei fahrenden Zügen laufen, so gesehen in „Mercury Puzzle“.

Mercury Puzzle (1998): IMDB Mercury Rising

Bluescreen für eine moderierte Webseite

Ein weiterer interessanter Punkt für die Anwendung einer Bluescreen sind moderierte Internetseiten. Ein Moderator erklärt zum Beispiel den Schwerpunkt der Firma oder ein Produkt und kann frei auf der Webseite platziert werden.

Was sollte man bei dem Aufbau einer Bluescreen-Szene beachten?

Die Einstellung sollte genau geplant und mithilfe eines Storyboards visualisiert werden. Wie soll die Person stehen, wie soll sie sich bewegen? Die einzukopierenden Hintergründe, ob real gefilmt oder rein im Computer entstanden, sollten bereits gefilmt bzw. zumindest prävisualisiert worden sein. Je genauer die Szenen geplant wurden, desto leichter fällt die Orientierung im virtuellen Raum. Dadurch können auch Anschlussfehler im Schnitt vermieden werden.

Welche Beleuchtung braucht man?

Eine gleichmäßige Ausleuchtung mit Flächenlichtern gewährleistet einen einheitlichen Hintergrund. Zu helle Spots auf dem Hintergrund sind unbedingt zu vermeiden, da die Lichtkegel der Spots das Blau überstrahlen. Der Hintergrund wird weiß und kann nicht mehr vom Bluescreen-Keyer ausgestanzt werden. Er braucht ein möglichst perfektes Blau. Die Farbe der Lichtquelle kann die Farbe der Wand positiv oder negativ beeinflussen. Leuchtstoffröhren gibt es mit verschiedener Farbtemperatur. 3200K entspricht rötlichem Kunstlicht, 5500K entspricht bläulichem Tageslicht. Wenn man rötliche Scheinwerfer verwendet, so kann die Lichtfarbe mit Hilfe von blauen Farbfolien verändert werden. In der Praxis hilft vor allem: Testen, testen und nochmals testen.

Was ist beim Bluescreen-Hintergrund zu beachten?

Als Hintergrund kann blauer Stoff oder Hintergrund-Karton verwendet werden oder die Farbe wird direkt an die Wand gemalt. Stoffe haben den Nachteil, dass die Farbe in der Regel nicht genau einem RGB Blau entspricht und das Material viel Licht schluckt. Falten im Stoff verschlechtern zudem die Ausstanzqualität. Ein Hintergrund-Karton hat keine Falten, kann jedoch leicht einreißen, wenn auf der Bluescreen gelaufen wird. Spezielle Bluescreen-Wandfarbe enthält reflektierende Pigmente, die eine gleichmäßigere und hellere Oberfläche bewirken. Allerdings ist dann auch der Bluespill, d.h. die Abstrahlung des blauen Lichts auf den Schauspieler, größer.

Was ist besser Greenscreen oder Bluescreen?

Die Technik ist die gleiche. Zwischen dem Einsatz einer Greenscreen oder einer Bluescreen entscheidet die Farbe der Kleidung der Schauspieler. Aber auch die verwendete Kameratechnik macht einen Unterschied. Die meisten Consumer Kameras bzw. digitale Filmkameras haben eine Farbunterabtastung. Ein Teil der Kompression wird durch eine reduzierte Farbauflösung erreicht. Das menschliche Auge nimmt Helligkeitsinfomationen mit höherer Auflösung wahr. Die Helligkeit und damit die Bildschärfe wird hauptsächlich durch grün bestimmt. Bei digitalen Kameras liefert eine Greenscreen meistens bessere Ergebnisse, wenn die Kleidung oder das Produkt dies zulässt. Eine grüne Maschine kann nicht in einer Greenscreen gefilmt werden.

Wie kann man mittels Bluescreen ein professionelles Nachrichtenstudio realisieren?

Das ist relativ einfach. Man stellt einen Schreibtisch in eine Bluescreen. Eine Schauspielerin sitzt rechts im Bild hinter dem Schreibtisch. Auf der linken Seite können Grafiken oder Videos eingeblendet werden. Zum Ausstanzen des Hintergrunds und um den Nachrichtenhintergrund einzublenden kann z.B. Adobe Premiere Pro verwendet werden. Professionelle Schauspieler sprechen den Text flüssig aus dem Gedächtnis. Bei Laien, wenn es mit dem auswendig lernen nicht ganz so gut klappt, kann ein Teleprompter verwendet werden, wie beim Fernsehen, oder klassisch: große Textkarten. Für den Ton kann ein Funkmikro an der Bluse/dem Sacko befestigt werden oder er wird mit einer Tonangel geangelt.

Kurzfilm Hertzrasen auf Youtube

Wo liegen die Schwierigkeiten beim Dreh einer Szene mithilfe einer Blue-Screen?

Die größte Schwierigkeit liegt in der gleichmäßigen Ausleuchtung der Bluescreen/ Greenscreen. Dessen Farbe sollte so nah wie möglich am hundertprozentigem Blau/Grün sein, während die Schauspieler Kleidung tragen müssen, die so weit weg wie möglich von diesem Farbton sein sollte. Entscheidend ist außerdem die Vorstellungskraft der Schauspieler und die richtigen Anweisungen des Regissuers. Storyboardzeichnungen, Ausdrucke des späteren 3D-Hintergrunds und Blickmarkierungen helfen den Schauspielern sich besser in die Szene eindenken zu können.

Musikvideo in einer Bluescreen

Hier ein Beispiel für die Anwendungsmöglichkeiten einer Bluescreen bzw. Greenscreen in einem Musikvideos. Das Video scheint aus nur einem Kameraschwenk zu bestehen. Die Szene im Musikvideo ist aus zwei verschiedenen Kameraeinstellungen aufgebaut, die durch Ausstanzung und Positionierung im 3D-Raum zu einer einzigen Einstellung kombiniert wird. Die kleinen weißen Punkte auf der Screen sind die Trackingpunkte, die zur Rekonstruktion der Kamerabewegungen verwendet werden. Im Computer kann anschließend eine virtuelle Kamera in einem 3D-Renderprogramm diese Bewegungen nachahmen. Dadurch kann die Kamera in im Bluescreenstudio frei bewegt werden, während der Hintergrund exakt dieser Bewegung folgt. Die Aufnahmen erfolgten unkomprimiert über die HD-SDI Schnittstelle einer XLH1 im Progressiv-Modus, damit keine Farbunterabtastung stattfindet.

Kameratracking in der Bluescreen

Der Gitarrist steht vor der Bluescreen. Die Kamera schwenkt von oben nach unten auf den Gitarristen und anschließend nach links.

Beim zweiten Teil der Szene schwenkt die Kamera von rechts nach links auf den Sänger. Ein Techniker schwenkt das Licht auf den Sänger, um den Eindruck zu erwecken, dass er auf die Kamera zuläuft.

Beide Aufnahmen werden zu einem Schwenk kombiniert. Von oben nach unten auf den Gitarristen mit einem anschließenden Schwenk nach links auf den Sänger.

In der ausgestanzten Blue-Screenaufnahme werden die blauen Hintergründe entfernt und der Techniker aus dem Bild ausgeschnitten. Der Vordergrund und der Hintergrund werden zu einem kompletten farbkorrigierten Endresultat komponiert.

Der 3-dimensionale Hintergrund folgt jeder Bewegung der realen Kamera.
Hier das fertige Musikvideo: Musikvideo Leuchtfeuer der Band Zwischenräume.

Fazit

Bei Bluescreen und Greenscreen ist das wichtigste die gleichmäßige Ausleuchtung. Wir habe die besten Erfahrungen mit kalten Leuchtstoffröhren (5000-6000K Farbtemperatur) gemacht. Bei der Produktion eines Bluescreen-Films ist eine gute Planung entscheidend, damit alle Beteiligten ein ähnliches Bild der fertigen Szene vor Augen haben.

Hier ein side-by-side Bluescreen-Video: Bluescreen-Studio der UNEM-Filmproduktion

Unser Artikel im PCPraxis-Sonderheft VideoPraxis 01/09: Ihr eigener Blue Screen